Wohnen in Finnland
Während meines Sabbaticals in Finnland, bleibe ich in einem Appartement und reise nicht quer durch das Land. Das Appartement befindet sich in einem Appartementkomplex, der im Jahr 2020 fertiggestellt wurde. Die Siedlung besteht ebenfalls aus großen und modernen neuen Appartementkomplexen und befindet sich 2 km vom Stadtzentrum entfernt. Die ersten Unterschiede zu Deutschland, fallen mir schon direkt draußen auf, bevor wir gleich noch auf die wohnungsspezifischen Unterschiede eingehen werden.
Außenbereiche und Straße
Inhaltsverzeichnis
ToggleDie neu angelegte Straße bietet, wie fast überall in Finnland, genügend Platz für FußgängerInnen und Radfahrende.
Parkplätze für PKW gibt es an der Straße nicht, dies schafft ein sehr schönes Straßenbild. Die Autos der Anwohnerinnen und Anwohner sind im Parkhaus untergebracht, wo jeder Bewohner einen Stellplatz erhält.
Die Gebäudekomplexe bilden verschiedene Innenhöfe. Dort sind Spielplätze zu finden, Fahrradgaragen mit begrüntem, bepflanzten Dächern und Aufenthaltsmöglichkeiten. Lademöglichkeiten für Elektroautos, die ich auf Finnlands Straßen häufig sehe, habe ich im Parkhaus noch nicht gesehen.
In den Innenhöfen gibt es allerdings reservierte Stellplätze, die allesamt stets eine Schukosteckdose bieten.
Finnlandtypisch sind im Innenhof Gestelle, an denen Teppiche getrocknet werden können.
Es gibt einen traditionellen finnischen Teppich, der aus Baumwollfetzen hergestellt wird und praktisch in jedem finnischen Haushalt zu finden ist. Im Sommer ist es wohl landesweit der Fall, dass die Teppiche draußen oder am Ufer eines Sees oder Flusses mit Kiefernseife gewaschen werden.
Die Teppiche werden zum Trocknen einfach auf diesem Gestell zurückgelassen, nach ein paar Stunden oder Tagen wird er wieder abgeholt.
Diese Teppichgestelle, manche davon besitzen sogar eine Art Mangel, werden durch die Gemeinde bereitgestellt.
Mit meinem deutschen Blick wundere ich mich fast täglich, was der Gesellschaft in Finnland frei zur Verfügung gestellt wird, ohne, dass aufwändig geklärt werden muss, wer das eigentlich bezahlen soll oder es Vandalismus zum Opfer fällt.
Als Beispiel fällt mir immer wieder die frei zur Verfügung stehenden Feuerstellen samt Feuerholz, die ich in diesem Blogartikel zu den Nationalparks näher beschrieben habe.
Schlüssel und Schlösser
Kommen wir nun zur Wohnung, bzw. versuchen erst mal ins Gebäude zu kommen.
Finnische Schlösser sind ganz anders als die Schlösser, die ich aus Deutschland kenne. In unserem Gebäude gibt es immerhin noch ein Schloss, viele andere Gebäude haben ein Nummernpad oder Schlösser mit Transpondern.
Dieser Schlüssel gilt zeitgleich auch für die Fahrradgarage und die Wohnungstür.
Das Schloss öffnet sich mit der Drehung in die Richtung, die für uns das Abschließen bedeuten würde.
Ok, nun gut, diese haben wir erfolgreich geöffnet. Vom Flur aus geht es direkt in die verschiedenen Appartements. Die finnische Stockwerkzählung beginnt nicht bei der Null sondern das Erdgeschoss ist die Eins.
Ist für mich auch logischer, denn im Matheunterricht haben wir alle gelernt, dass Null nichts ist.
Ein Fahrstuhl steht natürlich zur Verfügung, immerhin gibt es geschätzt 8 Stockwerke. Wir laufen die Treppen hoch in die goldene Mitte.
Nun stehen wir vor unserer großen, hellen Holztür mit unserer Appartementnummer und einem Schlitz in der Tür als Briefkasten. Schlüssel rein und umdrehen, als würden wir abschließen wollen, die Tür geht nicht auf.
Ich stochere meist mehrfach im Schloss herum, führe dabei den Schlüssel immer wieder ins Schloss und wieder raus, denn auch das macht einen Unterschied, wie ich schon festgestellt habe, irgendwann lässt sich die Tür öffnen.
Es scheint ganz leicht zu sein, jedoch gibt es nur die Möglichkeiten den Schlüssel 180° oder 90° im Schloss zu drehen. Ob die Tür geöffnet werden kann, merkt man nur durch drücken und rütteln an der Türklinke.
Verlässt man die Wohnung, ist die Tür zu, also so richtig zu, wie ausgesperrt. Ich bin noch nicht dahinter gekommen, ob es eine Möglichkeit gibt einen Pinn oder Hebel einzustellen, damit die geschlossene Tür per Türklinke einfach geöffnet werden kann.
Raus kommt man immer, egal ob man von außen eingeschlossen wurde oder man innen den Hebel umlegt und damit eigentlich abschließen wollte, was man ja eigentlich gar nicht muss. Ihr merkt es, es ist ein Thema für sich.
Wohnung
Was ist das Erste, was du tust wenn du eine Wohnung betrittst? Ich hoffe, du ziehst dir zuerst die Schuhe aus. Wer in einem finnischen Haushalt zu Besuch ist, sollte das als erstes Gebot beherzigen, das steht in jeder Gebrauchsanleitung für Finnland.
Vor den Eingangstüren stehen oft kleine Gestelle mit einer Art Bürstenkopf, damit man sich die dreckigen Schuhe vorher säubern kann, bevor man ins Treppenhaus gelangt. Bei dem ganzen Schnee, Schneematsch und Split eine saubere Sache.
Unsere Wohnung ist 35m² groß und beinhaltet alles, was man zum Leben und im Alltag an Bequemlichkeiten gerne hätte, wie Waschmaschine und Spülmaschine.
Es gibt ein kleines Wohnzimmer mit großen Fensterfronten und mittelgroßer Küche, Badezimmer und Schlafzimmer.
Die Wohnung ist hell und freundlich im Ikeastil eingerichtet, also voll möbliert und hat sogar einen Balkon.
Handtücher, Bettwäsche und sogar ein Starterkit an Reinigungsmitteln, wurde zur Verfügung gestellt. Wobei mein ultimativer Tipp gegen Heimweh, falls du damit Probleme haben solltest, lautet: nimm eigene Bettwäsche mit.
Diese weiße Standardbettwäsche, die es in jeden Hotelzimmer der Welt gibt, lässt sich so einfach ersetzen. Gegen Heimweh hilft stets, etwas Bekanntes und Gewohntes von zu Hause mitzunehmen.
Es hilft dem Unterbewusstsein ungemein zwischendurch auch mal etwas Vertrautes zu sehen.
Da ich für 3 Monate bleiben werde, habe ich gefühlt meinen halben Hausstand mitgenommen, nur das Dörrgerät hat leider nicht ins Auto gepasst, wie du hier nachlesen kannst.
Unterschiede zu deutschen Wohnungen
In jeder finnischen Küche, egal ob kleine Teeküche im Büro oder moderne Küche im neugebauten Haus, gib es einen speziellen Schrank direkt über der Spüle, den Trockenschrank. Dieser Schrank ist von unten offen, er beinhaltet ein Gitter, worauf man gespültes Geschirr legt, um es abtropfen zu lassen.
„Wie macht ihr das denn?“ fragen die finnischen BürokollegInnen, die sich diese Zeitverschwendung in Form von Abtrocknen mit einem Handtuch, überhaupt nicht vorstellen können.
Wer bei der Sache eigentlich die Zeit verschwendet, konnte nicht abschließend geklärt werden, denn nachdem das Geschirr gut abgetropft also getrocknet ist, muss es ja wieder in den anderen Schrank geräumt werden…
Ich finde diesen Trockenschrank jedenfalls wunderbar, so spart man sich den Platz auf der Küchenzeile und verstaut alles ordentlich im Schrank, was sonst auf der Ablage herumstehen würde.
Die Finnen sind jedenfalls sehr Stolz auf Ihren Trockenschrank, es gibt ihn wohl sonst in keinem anderen Land.
Badezimmer
In finnischen Badezimmern gibt es eine weitere Besonderheit, die ich in der Form noch nicht kannte nämlich eine Art Podusche.
Es ist ein Wasserschlauch mit einem kleinen Duschkopf, der neben der Toilette hängt. Diese Form der Hygiene oder Möglichkeit der Intimwäsche leuchtet mir jedenfalls mehr ein als ein Bidet, wo ein zweites Teil im Badezimmer Platz wegnimmt und sonst keine Funktion bietet.
Am Wasserhahn im Badezimmer wie auch in der Küche befindet sich unter der Armatur und dem Hebel noch ein kleines Rad.
Hiermit wird die Wasserzufuhr zur Waschmaschine bzw. Spülmaschine geregelt. Dies bedeutet nicht, dass der Wasserhahn dann abgestellt ist, Wasser läuft gleichzeitig.
Wasser
Apropos Wasser. Finnisches Leitungswasser ist erstklassig. Bei den ganzen Seen ist das wohl auch kein Wunder.
Es ist sehr weich, ich glaube in ganz Finnland musste noch nicht ein Wasserkocher entkalkt werden. Das Leitungswasser ist sowieso um Längen besser als abgefülltes und transportiertes Wasser, was dann auch noch viel teurer ist, nicht nur in Finnland.
In der freien Natur würde ich dennoch niemals Wasser einfach so aus einem See oder Fluss trinken.
Nicht, wenn ich es vorher nicht abkochen oder mit einem Wasserfilter* speziell filtern konnte. Ob 20 Meter weiter ein verendetes Wildschein im Wasser liegt, kannst du einfach nie wissen, so gut die Wasserqualität auch sein mag, Verunreinigungen von außen musst du beim Wandern oder Campen immer bedenken.
Sauna
Was fehlt? Gut, du hast es im Titel schon gelesen, richtig die Sauna. Total unüblich für Finnland ist es, dass unsere Wohnung keine Sauna beinhaltet. In Mehrparteienhäusern wird es sonst so gehandhabt, dass im Keller oder Erdgeschoss eine Sauna allen gemeinschaftlich zur Verfügung steht.
Man trägt seine Saunazeit vorher in eine Liste oder bekommt eigene Saunazeiten zugewiesen. Dies ist in unserem Komplex leider nicht der Fall. Es wäre „nice to have“ gewesen eine Sauna* direkt zur Verfügung zu haben, denn wir besaßen sogar mal eine eigene Sauna.
Sich eine eigne Sauna oder Infrarotkabine einbauen zu lassen, kostet nicht die Welt und ist sehr sicher, wenn man es von Fachleuten durchführen lässt. Ich habe die vielen positiven Effekte des regelmäßigen Saunagangs immer sehr genossen.
Die Abwehrkräfte können gestärkt werden und sogar bei zu hohem Blutdruck kann ein regelmäßiger Saunagang helfen.
So haben finnische WissenschaftlerInnen herausgefunden, dass das Saunieren sogar zur höherer Lebenserwartung beitragen kann. Finnland ist Saunaland Nummer eins, hier gibt es mehr Saunas als Autos.
Der regelmäßige Saunagang gehört in Finnland einfach zum Alltag, im Winter sowie im Sommer. Er stärkt Körper und Geist und ist nicht mehr wegzudenken.
Zum Thema finnische Sauna empfehle ich dir diesen Artikel, über meinen typisch finnischen Urlaub im Mökki.
Weitere Bilder von der Einrichtung der Wohnung kannst du bei Instagram sehen.