Resilienz stärken in Finnland - Meine 3 einfachen Bausteine
Dieser Reiseblog ist ein etwas anderer Reiseblog. Ich nehme euch mit und schildere meine Eindrücke aus meinem Alltag während meines Sabbaticals im Land der glücklichsten Menschen der Welt, nämlich Finnland. Persönlich brauchte ich dieses Sabbatical, diesen Retreat, um meine Resilienz, die in den letzten Jahren wie aufgebraucht erschien, zu stärken und aufzuladen.
Meine Resilienz erkennen
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ToggleWie verpackt ein Mensch ein Trauma, einen Verlust, eine persönliche Lebenskrise? Wahrscheinlich ganz unterschiedlich. Resilienz ist dabei das, wovon ich immer wieder höre. Doch was ist die Resilienz eigentlich?
„Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit von Menschen, die es ermöglicht, selbst widrigste Lebenssituationen und hohe Belastungen ohne nachhaltige psychische Schäden zu bewältigen.“ (Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik)
Dies ist jedoch nur eine Definition der Resilienz, es gibt noch zahlreiche weitere Ansätze.
Hätte meine persönliche Resilienz einen Ladebalken, wäre ich im roten Bereich gewesen. Ich musste raus und auftanken, meine Resilienz stärken und aufladen, denn meine Widerstandsfähigkeit war wie aufgebraucht. Ich fasste den Entschluss dies in Form eines Sabbaticals in Finnland zu versuchen. Ich bin unendlich Dankbar, dass ich diese Chance ergreifen durfte und ein Sabbatical starten konnte. Es ist nicht selbstverständlich.
Ein gebrochenes Bein, welches im Gips liegt, wird von der Gesellschaft oft viel besser wahrgenommen als psychische „Brüche“. In meinem Umfeld ist das zum Glück größtenteils anders. Das Verständnis für die unsichtbaren Verletzungen, Krankheiten und Brüche ist da. Ich hatte also vor, mich mit meinen Dämonen auseinanderzusetzen und gleichzeitig aufzutanken, schöne Momente zu sammeln.
Wenn mich das Auseinandersetzen zu sehr aufwühlt und ich vor lauter Gedanken und Erinnerungen nicht schlafen kann, mache ich mir während des Sabbaticals keinen Druck. Denn genau dafür ist mein Sabbatical, mein Retreat da. In Deutschland in meinem Arbeitsalltag wäre das undenkbar. Ich ärgerte mich nachts über meine Schlaflosigkeit. „So kann ich doch nicht am nächsten Morgen vor Menschen stehen und mein Fake-Programm durchziehen“, dachte ich mir oft. Also verdrängte ich, ich hatte keine Zeit und keine Wahl.
Ich mache die Dinge lieber mit mir selbst aus und sah ein, dass ich ein Problem habe und es größer werden wird, wenn ich nichts unternehmen würde.
Ich fragte mich immer wieder, was ich tun kann, um glücklicher zu sein, um ein tolles Leben zu leben. Dinge nicht mehr zu ernst zu sehen und mir nicht selbst Schranken durch Skepsis zu setzen, nehme ich mir vor. Das Leben nicht einfach wie im Autopilot geschehen zu lassen sondern es aktiv mitzugestalten ist mir wichtig.
Hole ich mir professionelle Unterstützung? Nein. Ich bin nicht der Typ Mensch, der offen und unvoreingenommen in eine Therapie gehen würde. Zu viel habe ich bei der Behandlung meiner Mutter erlebt, über Jahrzehnte.
Ich möchte meine Wunden heilen, meine Scherben kleben, indem ich mich mit meinen Erinnerungen auseinandersetze und Wege finde, damit besser klarzukommen.
Meine Resilienz stelle ich mir als Rumpf eines Holzbootes vor. Ich bin im inneren und durch ein Loch dringt Wasser ein. Mal stehe ich knietief im Wasser, mal bis zum Oberkörper. Ich schöpfe mit einem Eimer Wasser nach draußen, um nicht unter zu gehen. Danach versuche ich, das Loch zu spachteln. Mal hält der provisorische Verschluss, mal Platz er vom Druck des Wassers ab und das Wasser schießt wieder ins Innere. Es ist ein Akt und ich arbeite jeden Tag an meinem inneren Boot, mal mehr, mal weniger.
Ich versuche zu akzeptieren. Die Zeit in Finnland und Finnland an sich, helfen mir sehr. Ich versuche herauszufinden, weshalb die Menschen in Finnland zu den glücklichsten der Welt gehören. Ich sehe so viel Schönes um mich herum. Ich nehme mir die Zeit und habe mit dem biografischen Schreiben begonnen, für mich eine Art Schreibtherapie. Auch dieser Artikel zählt zu meiner Therapie, wenngleich ich viele Passagen wieder gestrichen habe.
Sport für Körper und Geist
In Finnland habe ich große Freude am Radfahren für mich entdeckt. Keine Spazierfahrten sondern fordernde, hügelige Strecken von 50 km und mehr. Das Brennen in den Beinen zeigt mir, das ich lebe. Schaue ich zum bevorstehenden Anstieg hinauf, motiviere ich mich und quäle mich dort hinauf. Dabei arbeite ich nicht nur mit meinem Körper sondern viel mehr mit meinem Geist.
Das Gefühl etwas bezwungen, etwas geschafft zu haben, lässt ungeahnte Glücksgefühle in mir aufkommen. Es geht darum, sich Ziele zu setzen, sich selbst herauszufordern und einfach durchzuziehen. Oft heißt es dann Kopf gegen Körper. Eine positive Wirkung von Sport bei z.B. Depression wurde bereits mehrfach wissenschaftlich bestätigt.
So schön die Wanderungen oder Fahrradtouren sein mögen, ich bin jedes Mal unendlich froh, wenn wir am Ziel ankommen. Nicht, weil es endlich vorüber ist sondern weil es geschafft ist. Jeder Mensch ist anders aber ich persönlich brauche es, mir Ziele zu setzen, mich selbst herauszufordern und dann einfach zu machen. Das sind manchmal ganz kleine Dinge, fast belangloses. Auch das hilft mir bei der Bewältigung und beim Spachteln meines Bootes und stärkt meine persönliche Resilienz.
Ich bin sehr froh darüber, relativ früh erkannt zu haben, was mir guttut. Ich weiß, dass viele Menschen diese Dinge selbst nicht finden können und dabei professionelle Hilfe benötigen. Lösungen sind möglich, machen muss jeder Mensch für sich selbst. Ins Handeln kommen ist wohl das Hauptproblem, an dem so viele Menschen scheitern.
Mein persönlicher Trick ist dann, dass ich mich inspirieren lasse, ja fast schon mitziehen lasse, von Menschen, die zeigen, dass es anders geht. Fritz Meinecke, Fabio Schäfer, Roofless Cat, um hier nur ein paar „Macher“ und „Mindset-Monster“ zu nennen.
In meinem Zuhause in Deutschland habe ich vieles einfach ausgeblendet, konnte und wollte nichts Schönes sehen. Ich habe mich meinen schweren Erinnerungen ergeben und Situationen immer wieder von vorne gedacht und die immer gleichen Fragen gestellt. Hier in Finnland stürze ich mich ohne Vorurteile in etwas komplett Neues und in neue Aktivitäten. Es geht ein Ruck durch mich, irgendwas verschiebt sich.
Rückbesinnung zur Natur und Dankbarkeit
Des weiteren besteht Finnland aus unglaublich viel Natur und die Menschen sind sehr outdooraffin. Übers Wochenende in den nächsten Nationalpark fahren und dort einfach eine Nacht campen mit Schlafsack und Isomatte ist hier normal.
Die Besinnung auf die Natur, jagen, fischen, Pilze und Beeren sammeln. Spartanisch im Mökki Zeit verbringen und nur das Feuer zum Kochen zu haben, das Wissen, um die Sachen, die die Natur uns schenkt und die Dankbarkeit, dass das alles nicht automatisch gegeben ist, inspiriert mich.
Nicht nur ich bin davon überzeugt, dass die Rückbesinnung zur Natur und der Rückzug in die Natur hilft, um zu heilen. Einige Studien attestieren eine positive Wirkung auf uns Menschen, wenn wir Zeit im Grünen verbringen, bei Kindern wurde sogar eine positivere Entwicklung entdeckt.
Immer mehr Menschen machen einen cut, ziehen die Notbremse und entfliehen ihrem Alltag, weil es bei ihnen psychisch nicht mehr geht. Dabei beweisen diese Menschen, was alles in uns steckt und dokumentieren, wie gut ihnen diese vermeintliche Flucht tut (z.B. Roofless Cats Reise zum Nordcap finde ich sehr inspirierend).
Schließlich sollte die Natur unser zu Hause sein. Sich mal ganz neuen „natürlichen“ Problemen zu stellen, lässt einen unglaublich wachsen. Für mich ganz persönlich ist das die beste Therapie und ich werde versuchen, so viel wie möglich, in meinen Alltag nach Deutschland mitzunehmen, wenn es demnächst für mich heißen wird „Sabbatical im Alltag“.