Mit dem Auto und der Fähre von Travemünde nach Helsinki, Finnland

Mit der Finnlady von Finnlines von Travemünde nach Helsinki. 29 Stunden Fahrzeit, über 1130 km Strecke bis zur Ankunft am Sonntagmorgen am Ziel. Wann fährt die Fähre? Hier müsst ihr lieber zweimal überlegen. Einige Reisende verpassen die Abfahrt aufgrund der etwas unklaren Datumsangaben auf den Buchungsseiten. Ihr habt zwei Übernachtungen auf der Fähre, ich glaube, damit lässt sich besser rechnen 😉

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Vollgepacktes Auto mit Fahrrädern und Finnlandeinstimmung

Packen

Letzten Freitag hieß es für uns Abschiednehmen. Die erstmals letzten Stunden auf der Arbeit vergingen wie im Flug und der Abschied von meinen unglaublich tollen Kolleginnen viel mehr schwerer als ich es vorab gedacht hätte. „Ich komme ja wieder – versprochen!“ War stets meine Einstellung. Nach der Arbeit ging es nach Hause, schnell was essen, die letzten Sachen packen und dann hieß es Tetris für Erwachsene spielen. Die vorab tagelang zu Hause zusammengeklaubten Sachen mussten ins Auto. 

Ich merkte, für drei Monate im Ausland packt man schon anders als für einen zweiwöchigen Urlaubstrip. Da wir beide den Angelschein besitzen (gut, den benötigt man in Finnland nicht) mussten Ruten, Kescher sowie Kühlbox mit. Außerdem Selbstversorgungs-Grundsachen für die ersten Tage. Wobei ich jetzt schon anders packen würde als ich es tat. Salz, Pfeffer und Öl blieben leider zu Hause, wohin gegen ich andere Sachen hier bestimmt nicht benötigen werde. Jedenfalls konnte alles was mit sollte auch im Auto verstaut werden, zwei Kofferräume (E-Auto) sei Dank!

Lediglich das Dörrgerät musste zu Hause bleiben. Weshalb ich ein Dörrgerät mit nach Finnland nehmen wollte? Finnland ist das Land der Steinpilze und als leidenschaftliche Steinpilzsammlerin, wollte ich mir einen ordentlichen Vorrat anlegen und sie hier trocknen, um sie haltbar zu machen. Ob wir erfolgreich auf der Jagd nach Steinpilzen sein werden erfahrt ihr natürlich hier.

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2 Kofferräume sei Dank!
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Skandinavienkai ist gut ausgeschildert
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Der Konvoi begibt sich in den Bauch der Fähre

Check-In am Skandinavienkai

Der Check-In am Skandinavienkai in Travemünde öffnete um 21 Uhr, wir waren gegen kurz nach 22 Uhr dort. Wir hatten eine ca. 4 stündige Anfahrt mit zwei kurzen Boxenstopps, um das Auto zu laden, wobei wir mit mehr Puffer auf die Fähre sind als wir es benötigt hätten, dabei ist Reichweitenangst seit 2018 unter E-Autofahrenden eigentlich kein Thema mehr. Am Check-In wurden kurz unsere Pässe kontrolliert, wir bekamen die Kabinenkarten und reihten uns in eine der zwei übersichtlichen Schlagen an wartenden Fahrzeugen ein. 

Dank der Standheizung und des tollen Entertainmentangebots auf dem großen Bildschirm im Tesla, ist das Warten im Auto Luxus. Die Einschiffung sollte gegen 23:30 Uhr erfolgen, was glaube ich auch zutreffend war. Wie an einer Perlenkette aufgereiht ging es für unseren Fahrzeugkonvoi in die Fähre auf Deck 7. 

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Angekommen
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Maßarbeit im Bauch der Fähre

Vom Fahrzeugdeck stolperten wir sozusagen direkt vor die Rezeption. In neuen Situationen mache ich es gerne so, dass ich mir bei anderen Menschen abgucke, was jetzt zu machen ist. Nur um uns herum waren keine anderen Menschen. Wo sind denn plötzlich alle hin? Wir grüßten den finnischen Mitarbeiter an der Rezeption wie es sich gehört auf finnisch und hielten ihm unseren Kabinenkarten hin. Er sprudelte daraufhin irgendetwas auf finnisch los. Nach kurzem Erstarren baten wir ihn auf englisch mit uns zu reden, so dass wir die Info von ihm bekamen, dass die Kabinen noch nicht fertig seien und es eine Durchsage geben würde. 

Nun gut, erstmal ein Plätzchen zum Warten suchen. Anschlusssuchend schlenderten wir die Treppen hoch auf Deck 11, fanden eine Toilette und machten uns frisch. Weit und breit kein Mensch zu sehen. Es ertönte die Durchsage, die Kabinen auf Deck 7 sind bezugsfertig. Ich bin mir im Nachhinein nicht mehr sicher, ob nur die Außenkabinen, Suiten und Junior Suiten aufgerufen wurden. Sie wurden auf jeden Fall als erstes aufgezählt. Wir bezogen unsere Außenkabine. Es könnte ein weiterer Tipp sein, ich bin mir jedoch nicht sicher, ob die Reisenden in Innenkabinen tatsächlich grundsätzlich länger warten müssen. Kennt ihr euch aus? Dann schreibt mir gerne mal. 

Es war mit Sicherheit schon deutlich nach Mitternacht als wir in unserer Kabine total müde in die getrennten Betten unserer 4er Kabine fallen wollten und das auch ziemlich schnell taten. Erledigt von den ganzen Eindrücken, mit den vielen Gedanken im Kopf, was noch vor uns liegen wird, ganz kurz davor einzuschlafen ertönt plötzlich eine Durchsage. Erst auf finnisch gefolgt von englisch, deutsch, russisch, französisch wurde eine gleich beginnende Sicherheitsübung OBLIGATORISCH für alle Passagiere angekündigt. Wir legten also einen Kickstart aus dem Bett, aus dem Schlafanzug wieder rein in die Klamotten hin. Keine Zeit darüber nachzudenken was mit obligatorisch gemeint sein soll. Es kreisten Fragen wie „müssen wir uns ausweisen“, „sollte ich eine Jacke mitnehmen, falls wir uns an Deck bei den Rettungsbooten aufstellen müssen“ durch meinen Kopf. 

Aus Reportagen über Kreuzfahrten und meiner Erfahrung einer 3-tägigen Minikreuzfahrt mit Disney zu den Bahamas, wusste ich, dass diese Übungen verpflichtend sind und die Anwesenheit vom Personal kontrolliert wird. Es ertönte bereits die zweite Durchsage, dass die Unterweisung nun beginnt. Mist, Mist, Mist, keine Zeit mehr, schnell los. Als wir am Ort des Geschehens eintreffen, steht dort eine Mitarbeiterin, die das Hantieren mit der Rettungsweste demonstriert. Um uns herum ca. 10 Mitreisende, der Mann neben mir steht in offenen Schnürschuhen und sieht zerzaust aus, er legte wohl auch einen Kickstart hin. 

So so, wir reisten also nur mit 10 weiteren Passagieren oder wir waren alle gemeinsam die „Neuen“, die noch nicht wussten wie der Hase hier eigentlich läuft. Nach 5 Minuten war die Sache schon wieder zu Ende und wir gingen mit ungläubigen Blicken zurück auf die Kabine. Wir lachten noch einige Zeit über diesen Kickstart-Moment. Geschlafen haben wir in dieser Zeit kaum, alles dröhnt, die Kabinen sind hellhörig und erst nach lange Abfahrt gegen 03:15 Uhr, als die Fähre auf ihre konstante Reisegeschwindigkeit kommt, bekommen wir ein paar Stunden Schlaf.

Der Seetag

Da wir aus diversen Gründen kein Mahlzeitenpaket gebucht hatten, frühstückten wir als Selbstversorger in unserer Kabine. Frisch geduscht ging es dann zum angepriesenen Star Cafe, um den Koffeinpegel auf Normalniveau zu bekommen. Erster Eindruck vom finnischen Kaffee: ordentlich! 

Da wir uns aufgrund der fast schlaflosen Nacht durchzecht fühlten, verwarfen wir alle Fitness- und Saunapläne. Stattdessen gingen wir auf den beiden zugänglichen Außendecks, um zu spazieren. Leider ist dies gefühlt nur im Kreis laufend möglich gewesen. Das Wetter war gut, trocken, es weht ein kalter Wind, die Ostsee ist ruhig. 

Zu Mittag wollten wir uns im Bistro (Bar Navigare) ein warmes Pizzastück o.ä. holen. Hier auch der Hauptgrund weshalb wir kein Mahlzeitenpaket gebucht haben: Frühstücken tue ich nicht wirklich, eine Handvoll Haferflocken und eine Tasse Kaffee sind für mich völlig ausreichend. Mittags dagegen möchte ich gerne etwas warmes essen, abends reicht wieder eine Kleinigkeit, da ich früh schlafen gehe. Im Mahlzeitenpaket ist das Mittagessen nun aber nicht abgedeckt. Ich dürfte Frühstücken ab 8 Uhr, danach brunchen bis 11 oder 11:30 Uhr und abends ab 18:30 Uhr gibt es das große Büffet mit Bier und Wein. Das entspricht alles so überhaupt nicht meinem Rhythmus und außerdem gibt es ja das Bistro, um mittags etwas Warmes zu kaufen. Nun ja, dem war leider nicht so. 

Das Bistro war eigentlich eine Bar, Bistrosachen lagen vereinzelt in einem Kühlregal und warm war da schon mal gar nichts, auch keine Möglichkeit etwas warm machen zu lassen – wir haben aus lauter Verzweiflung nachgefragt! Aber ich habe auf den Seiten von Finnlines doch die Karte gesehen, mit Wraps und Pizzastücken!? Ausgedruckt an Bord gab es diese Karte nicht. Hunger und Verzweiflung stiegen in mir hoch und mein Hunger endete durch ein kaltes Roggentoastie und eine Zimtschnecke. War ok aber mehr halt auch eben nicht. 

Würde ich jetzt empfehlen ein Mahlzeitenpaket zur Überfahrt dazu zu buchen? Jein. Für mich persönlich könnte die Lösung folgendermaßen aussehen: kleiner Reisewasserkocher* + eine Outdoormahlzeit*, die nur mit heißem Wasser übergossen werden muss und ein vollwertiges, warmes Gericht ist, so dass ich mittags was warmes essen kann. Mal sehen wie wir es auf der Rückfahrt handhaben werden. 

Die Rückfahrt ist übrigens entgegen der Versprechungen an meine liebe Kolleginnen noch nicht gebucht aber einfach aus Termingründen. Wäre hier alles doof, müssten wir nicht bis zum aller letzten Tag bleiben. Der Seetag ging dann irgendwie rum und ich war froh über die Außenkabine, die ehrlicherweise eine Kabine mit Fenster ist. Für regelmäßige Kreuzfahrer ist diese Info vielleicht wichtig, wobei ihr nach der Essensmisere schon keine Erwartungen mehr haben dürftet, die noch enttäuscht werden könnten.

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Selbstversorger Frühstück mit Meerblick
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Während der Fahrt ist das Fahrzeugdeck nicht zugänglich

Ankunft in Helsinki

Nach erholsamen Schlaf durch das konstante Vibrieren der Fähre und unserem kleinen Selbstversorger Frühstück, ließ die Aussicht beim Kaffee auf Deck 11 schon etwas schönes voraus ahnen. Immer mehr Steine, Felsen und Inselchen hoben sich gegen 09:30 Uhr aus dem Wasser. 

Mit Jacke und Mütze bekleidet ging es für uns wieder raus aufs oberste Deck. Als ich oben ankam und die Inseln mit meinen eigenen Augen sah, trieb mir diese Schönheit sofort und spontan tränen in die Augen. Rote Holzhäuser mit kleinem Steg, separatem Saunahäuschen, überall Möwen und so weit wie die Augen blicken können: überall zahllose kleine und größere bewaldete Inseln! 

So habe ich mir Finnland vorgestellt und dieser Anblick übertraf meine Vorstellungen. Und auch hier habe ich mich wieder gefragt: „wo sind die ganzen Mitreisenden?“. Es waren wieder nur eine handvoll Leute, vielleicht max. zwei weitere Pärchen an Deck, um die schöne Kulisse und die Hafeneinfahrt zu bestaunen. 

Ist das das erste Geheimnis vom Glück? Offene Augen zu haben? Das Schöne erkennen zu können, sich Zeit dafür zu nehmen? Das Glück in der Situation herausfordern, in dem man z.B. einfach wie in meinem Fall raus geht? Ich bleibe dran, um das herauszufinden.

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Die ersten Inseln erheben sich aus dem Wasser
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Typisch Finnland
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Die Hafeneinfahrt beginnt

2 Gedanken zu „Anreise von Deutschland nach Finnland“

  1. Ja also ich glaube das es auch ein Riesen Abenteuer ist, solche kleine Inseln zu sehen und die Stimmung zu erleben. Sehr geil… ich hoffe du hast mittlerweile etwas warmes gegessen…
    Ich bleib gespannt weiter zu lesen. Lieben Gruß an L.

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    • Hej, danke dir! Ja, in Helsinki gab es dann endlich was „ordentliches“ und vor allem warmes zu essen! Der Bericht aus Helsinki kommt in den nächsten Tagen. Liebe Grüße an alle

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